Nachricht aus der Liederszene

16. 10. 2022 LBL Förderpreis 22. Nominierung.

Jury: Michael Lohse, Katja Klüssendorf, Wolfgang Rumpf 15.10.22

Jolly: "Das schottische Prinzip."

Vier sympathische und ein wenig schrille Wienerinnen mit Sinn für Styling und Performance haben sich mit viel Charme und Selbstironie modernen Chansons verschrieben: Ein Debut mit viel Mut und originellen Textideen. Sich selbst und ihren Stil beschreibt das Quartett, als ob Nico, Wolf Biermann und Nina Hagen eine gemeinsame Band gegründet hätten und dann in Wien aufgetaucht seien. Frech und ein wenig schräg mit viel Sinn für Humor.

Prächtig: "Im freien Fall."

Robin Mügge (*1996), der sich als Künstler "Prächtig" nennt, schreibt ruhige Songs mit melancholischem Grundton und Timbre und philosophiert gerne dabei. Ein Mix aus Indie-Pop und Folk Noir mit deutlichen Anleihen an die Ton-Steine-Scherben-Legende Rio Reiser.

Louisa Specht: "Karussell." Sturm & Klang Musikverlag.

Die fünf Songs sind fein arrangiert, poetisch getextet und von Louisas Stimme sympathisch und natürlich getragen. Sie singt, spielt Gitarre und Klavier und wird von einer gut abgestimmten Unplugged-Combo begleitet, die ihre Texte, die sie "Tagebucheinträge" nennt und die von den Verwirrungen, Zweifeln und Träumen einer jungen Frau erzählen, bestens untermalt. Im Titelsong Karussell" dreht sich zwar die Beziehungswelt im Kreis, musikalisch zieht die Band aber rasch das Tempo an und verbreitet Fröhlichkeit statt Depression. Diese Pop-Chansons kommen in lässigem Ernst und vor allem unverkrampft ins Ohr – eine wirklich reife Leistung für die erst 25jährige Künstlerin.  

Dagmar Schönleber: "Dagmar und der Organismus."

Die Kabarettistin, Autorin und Liedermacherin (*1973) ist mit Verstärkung durch Christian Hostert (Key) alten und neuen Liedern am Start. Ihr "Mackerlied" hat sie mit minimalistischer keyboardlastiger Besetzung aufgenommen, ihre Stimme kultiviert dabei einen deutlichen Neue-Deutsche-Welle-Touch. Der Sound des Duos ist eigenwillig, experimentell (nur E-Drums, kühle Eletronikorgelklänge). Songs wie "Partycrasher" oder "Glitzer und Granaten" verfügen über absurde Inhalte und teilweise bizarre Akkordfolgen - mit Anklängen an die Pioniere des elektronisch gefärbten Pop aus Düsseldorf und Köln: Can und Kraftwerk.    

Johanna Zeul: "Feuer im Herzen".

Dass es gerade in so unruhigen Zeiten wie diesen noch gelingt, ein heiteres, aufmunterndes Liebeslied zu schreiben, das stellt die Sängerin und Liedermacherin Johanna Zeul (*1981) überzeugend unter Beweis. Die einstige Absolventin der Popakademie Baden-Württemberg, die 2006 zu Beginn ihrer Karriere den Rio-Reise-Songpreis bekam, schafft es in "Du und ich" einen Gute-Laune-Song zu präsentieren, der zu einer dynamischen Reise ans Meer oder in die Berge einlädt und von einer romantischen Beziehungswelt schwärmt, aber auch kritische Untertöne zum Klimakollaps aufscheinen lässt - musikalisch werden Elektronikschnipsel eingestreut, die sich am frech ironischen Ton der Neuen Deutschen Welle orientieren. 

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